1. Schweizer Reporter-Forum - Forum für besseres Erzählen
Natalina Haller
Das erste Schweizer Reporter-Forum am 9. Oktober 2015 war so schnell ausverkauft, dass Viele kein Ticket mehr ergattern konnten. Ein paar JJS-Mitglieder hatten aber Glück: wir haben rechtzeitig Tickets reserviert! Als kleine Gegenleistung haben sie für uns einen Blogbeitrag darüber verfasst, was sie am Forum überrascht und was sie geärgert hat und natürlich auch, was sie an dem Tag gelernt haben.
Überrascht
An einer Tagung über Journalismus einen Vortrag über Drohnen zu hören und dann auch noch beschwingt aus dem Raum zu gehen, hatte ich nicht erwartet. Schuld war Jonathan Ledgard, ehemals Korrespondent des Economist, heute Leiter des Forschungszentrums Afrotech an der eidgenössischen technischen Hochschule in Lausanne (EPFL). Er träumt davon, Afrikas Gütertransport mit fliegenden Robotern zu revolutionieren. Im Fokus stehen die armen Metropolen. Dort traf Ledgard teilweise auf weniger Strassen als in nordschottischen Kleinstädten, wo er aufwuchs. Pläne für den ersten Drohnenflughafen in Zimbabwe gibt es bereits – gezeichnet von Norman Foster, Architekt des grössten Flughafens der Welt. Er habe also einfach seinen alten Freund Norman sowie den Präsidenten von Zimbabwe angerufen, und diese hätten eingewilligt? fragt Gesprächsleiter Hannes Grassegger. „Es war natürlich etwas komplizierter, aber man kann es so zusammenfassen“, sagt Ledgard vergnügt. Er wisse, wie verrückt die Geschichte klingt, doch sie sei nun mal wahr. Wenn die Finanzierung zustande kommt – noch fehlen ein paar Millionen – sollen nächstes Jahr die ersten Cargo-Drohnen in Afrika fliegen.
Céline Graf
Geärgert
Mein Aufreger des diesjährigen Reporterforums war das Bemühen der Veranstalter, Aufregung zu vermeiden. So wurden medienpolitisch heikle Themen erst im Schlusspanel des Reporterforums durch die Initiative von Schriftsteller Lukas Bärfuss angesprochen. Er fragte beim abschliessenden Podiumsgespräch, ob es den anwesenden Zuhörern auch aufgefallen sei, dass die Schweizer Medien langsam monopolisiert werden? Ein Herrschaftsversuch aus Richtung Herrliberg sei wahrzunehmen. Sichtlich in Rage wurde Bärfuss’ Shop Talk-Versuch vom moderierenden Daniel Puntas Bernet im Keim erstickt. Die Medien würden ihre Unabhängigkeit schon wahren. Punkt. Aus.
Fast. Denn es hat sich nicht nur Lukas Bärfuss, sondern auch ein Mitorganisator des Reporter-Forums geärgert. Geärgert, weil dieser Kontroverse um Herrn B. mehr Beachtung gerade auch an einem Event wie dem ersten Schweizer Reporter-Forum zugesprochen werden sollte. Mit der bündigen Antwort des Reportagen-Chefredaktors sei es nicht getan. Die Wichtigkeit dieses Diskurses stand also fest.
Schade, vermochte niemand das Kind beim Namen zu nennen.
Für das zweite Reporter-Forum wäre es wünschenswert, Branchen-Ärgernissen mehr Raum zu schaffen und gemeinsam differenziert zu diskutieren.
Olivia Borer
Gelernt
Man lernt ja bekanntlich nie aus. Und zu lernen gab es einiges: Bei Longform-Storys müsse man sich auf das «Scrollytelling» achten, erklärte etwa Cordt Schnibben vom «Spiegel». Leserbriefe eigneten sich als gute Quellen für Lokalgeschichten, konstatierte man im Panel zum Lokaljournalismus. Und ja, die Verlage brauche es nach wie vor, stellten die aufstrebenden Journalismusprojekte Correct!v, Follow the Money und Dossier unisono klar.
Wie lassen sich die Reportagen noch besser erzählen? Diese Frage wollte das Reporterforum beantworten und den versammelten Journalisten sogleich die richtigen Kniffe, Tipps und Tricks mit auf den Weg geben. Eine Möglichkeit dazu stellte auch der stellvertretende Auslandschef des Spiegels, Mathieu von Rohr, vor: In seinem Panel zeigte er die Herangehensweise auf bei einer Reportage, die von mehreren Personen verfasst wird.
Am Schluss der Veranstaltung warf der Autor Lukas Bärfuss nach dem vielen Lob, das den ganzen Tag zu hören war, auch ein paar kritische Aussagen in die Runde (siehe Blogeintrag «Geärgert»). Er hatte nicht unrecht: Nicht alles läuft Rund in der Branche – das tat es aber auch nie – und wir sollten uns dies nicht vormachen. Vielleicht war gerade dies eine Erkenntnis, die man dem Forum hätte abgewinnen können. Dennoch – da behält Cordt Schnibben recht – ist momentan die beste Zeit, in den Journalismus zu wechseln. Selten zuvor gab es derart viele Möglichkeiten, seine Recherchen und Geschichten zu präsentieren wie heute.
Und schliesslich bekam ich noch eine letzte Weisheit mit auf den Heimweg: Es gebe drei Dinge, die ein Reporter oder eine Reporterin nicht erlernen könne, so die Journalistin und Autorin Margrit Sprecher am Schlusspanel: Stil, schnelle Auffassungsgabe und Glück. Gut, dass ich das jetzt auch gelernt habe.
Lukas Blatter
Auf der Website des Reporter-Forums können einige Workshops nachgehört werden.