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Blog

Jedermanns Rechte und Pflichten im Internet

Natalina Haller

Thomas Riesen hat in einer Blog-Trilogie das aktuelle Thema Desinformation statt Information im Internet behandelt: http://www.thomas-riesen.ch/blog/. Anlass gab unter anderem die "Caritas-Lüge", eine erfundene Geschichte, die sich nicht zum ersten Mal auf Facebook verbreitete. JJS-Generalsekretärin Janine Teissl hat im letzten Teil über die rechtlichen Aspekte der Verbreitung rechtswidriger Äusserungen im Internet geschrieben.

Mit dem Internet und insbesondere mit den Sozialen Medien haben sich die Verbreitungsmöglichkeiten von jedermanns in Worte gefasste Gedanken verändert. Noch vor ein paar Jahren äusserte sich jedermann innerhalb seiner eigenen vier Wände oder der Wände seiner Stammbeiz. Faktisch macht er das zu Hause am Computer sitzend in der Regel auch heute noch, bloss mit dem Unterschied, dass seine Äusserungen nicht an seinen vier Wänden abprallen und zu ihm zurückgeworfen werden. Und damit die Möglichkeit erhalten würden, durch den Gehörgang in den Kopf von jedermann zu gelangen, damit dort gerade Gesagtes nochmals überdacht werden kann.

Das Internet ist öffentlich

Jedermanns Aussagen gelangen direkt und teilweise ungefiltert in die Weiten des Internets und damit in die Öffentlichkeit. Von Öffentlichkeit redet man nur dann nicht, wenn sich die Äusserungen nur an einen stark begrenzten Kreis von ein paar wenigen Leuten richten. Menschen reagieren auf jedermanns Äusserungen und Reaktionen stacheln sich gegenseitig an. Jedermanns Worte werden schnell verbreitet, viel schneller als früher, und können unter Umständen eine viel grössere Anzahl von Menschen erreichen als erwartet. Die Bedeutung von Sozialen Medien als Informations- und Meinungslieferanten hat stark zugenommen, die Lesernähe zieht jedermann an und weg von den traditionellen Medien. Die Reichweite und der Einfluss von Medienalternativen nehmen zu, was aus diversen Gründen Gefahren birgt. Weil jedermann nicht JournalistIn ist, ist er nicht vertraut mit den journalistischen Grundprinzipien (s. dazu die „Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten“). Das Verbreiten von unverifizierten Informationen, aber auch das Verbreiten von reinen Gerüchten hat deshalb grosses Potenzial. Und nun steht jeder der Schwierigkeit gegenüber, wahre von unwahren Geschichten zu unterscheiden. Desinformation statt Information. Die möglichen Auswirkungen von jedermanns Äusserungen übersteigen also diejenigen von Stammbeizgesprächen enorm.

Schwierigkeit, wahre von unwahren Geschichten zu unterscheiden

Jedermanns Äusserungen in der digitalen Welt des Internets sind gleich zu behandeln wie Äusserungen in der realen Welt. Mit ihnen können diverse Straftatbestimmungen erfüllt werden. Und zwar auch durch das Weiterverbreiten von Beschuldigungen oder Verdächtigungen. Im Vordergrund stehen dabei Ehrverletzungsdelikte wie die Beschimpfung, die Verleumdung oder die üble Nachrede, geregelt sind sie in den Artikeln 173 – 177 des Strafgesetzbuchs. Die letzten beiden Tatbestände kommen nur zum Zug, wenn die Aussagen öffentlich, also nicht nur gegenüber der betroffenen Person, gemacht werden. Das unreflektierte Teilen von unverifizierten Informationen mit ehrverletzenden Inhalten zum Beispiel auf Facebook oder anderen Social Media-Plattformen kann also strafbar sein. Gegen Verfasser oder Verbreiter von ehrverletzenden Äusserungen kann eine Strafanzeige eingereicht werden. Bei unbekannter Urheberschaft müssen die Strafbehörden ermitteln.

Ehrverletzende Äusserungen können straf- und zivilrechtlich verfolgt werden

Auch das Zivilrecht bietet Instrumente, mit denen persönlichkeitsverletzende Äusserungen verfolgt werden können. Die rechtlichen Grundlagen dazu finden sich in den Artikeln 28 ff. des Zivilgesetzbuchs. Mit einer Unterlassungs-, Beseitigungs- oder Feststellungsklage kann beantragt werden, dass Berichte geändert oder gelöscht werden, bzw. deren Widerrechtlichkeit festgestellt wird. Zudem kann Schadenersatz, Genugtuung oder die Herausgabe eines Gewinns gefordert werden.

Rassendiskriminierungsverbot als Werkzeug gegen rassistische Äusserungen

Auch das Rassendiskriminierungsverbot bildet ein Werkzeug gegen rassistische Äusserungen im Internet. Stösst man auf rassistische Berichte, Posts oder Kommentare, sollte man sie melden. Rassistisch äussert sich gemäss Art. 261bis StGB, „Wer öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufruft...“. Gemeldet werden kann eine Äusserung zuerst beim Betreiber einer Website, verbunden mit der Forderung, den problematischen Eintrag zu löschen. Auch Facebook reagiert auf Meldungen von heiklen Inhalten. Jedoch steht Facebook in der Kritik, Hasskommentare oder andere problematische Inhalte nicht konsequent genug oder zu langsam zu löschen. Dabei beruft sich das Soziale Medium unter Umständen auf seine eigenen Community Standards, die die Schutzwürdigkeit von Subjekten anders einstufen können, als einzelne Länder es tun. In letzter Zeit passiert in diesem Zusammenhang aber einiges, es häufen sich Fälle, in denen gegen Facebook ermittelt wird. Unter anderem hat ein deutscher Anwalt gegen die Facebook Germany GmbH, bzw. gegen die drei Geschäftsführer, Strafanzeige wegen „Beihilfe zur Volksverhetzung“ eingereicht, weil eine Vielzahl von gemeldeten und vermutlich rechtswidrigen Inhalten nicht gelöscht wurden.

Meldung von problematischen Äusserungen und Inhalten

Meldung kann bei einer Polizeistelle oder Staatsanwaltschaft gemacht werden. Und bei der KOBIK, der Schweizerischen Koordinationsstelle zur Bekämpfung von Internetkriminalität. Die Zahl der Meldungen beim Bundesamt für Polizei hat in den letzten Monaten stark zugenommen. Das kann auf eine Zunahme von problematischen Äusserungen im Internet und auch auf eine Sensibilisierung der Leser bzw. Nutzer zurückgeführt werden. Es ist anzunehmen, dass sich diese Tendenz fortsetzt und die Diskussion um die echte Meinungsfreiheit noch lange geführt werden wird.

Nicht zuletzt sollte jedermann sich überlegen, welche Folgen diskriminierende, rassistische, extremistische und religionsverachtende Äusserungen innerhalb und ausserhalb des Internets in seinem beruflichen und privaten Umfeld nach sich ziehen können. Arbeitgeber können Arbeitsstellen kündigen und Freunde Freundschaften. 

Janine Teissl